Hahn oder Henne? Geschlechterbestimmung bei Hühnern
Nicht alle Hühnerhalter*innen möchten einen Hahn in ihrem Hühnerstamm. Während sich das Geschlecht bei ausgewachsenen Tieren normalerweise leicht erkennen lässt, ist das bei Küken meist schwieriger. Doch dafür gibt es verschiedene Optionen: Angefangen beim sogenannten Federsexen und Kloakensexen bis hin zu endokrinologischen und molekularbiologischen Verfahren zur technikunterstützten Bestimmung des Geschlechts. Wir geben dir einen Überblick darüber, wie sich die Frage nach Hahn oder Henne beantworten lässt.
Geschlechterbestimmung bei frisch geschlüpften Küken
Es gibt zwei gute Möglichkeiten, mit denen das Geschlecht von jungen Hühnerküken mit einiger Übung ggf. selbst bestimmen werden kann. Bei der ersten Variante verrät die Kloake das Geschlecht, bei der zweiten die Federn.
Mit dem Kloakensexen das Geschlecht von Hühnerküken erkennen
Beim Kloakensexen – also der Bestimmung des Kükengeschlechts anhand der Beschaffenheit der Kloake – ist es im Zweifel am besten, wenn erfahrene Profis das übernehmen. Die Untersuchung braucht viel Fingerspitzengefühl und kann die Küken bei fehlerhaftem oder unvorsichtigem Vorgehen ernsthaft verletzten.
Zeitpunkt Kloakensexen: Kloakensexen funktioniert am zuverlässigsten bei Küken, die einen Tag alt sind.
Kloakensexen – so geht’s:
- Man nimmt das Küken vorsichtig in die Hand und hält es sanft fest, ohne ihm weh zu tun
- Jetzt übt man leichten Druck auf den Unterbauch aus, damit das Küken seinen Darm entleert
- Mit einem Blick in die nun klare Analöffnung / Kloake erkennt man, ob dort eine kleine Beule / ein kleines Bällchen auszumachen ist
- Ist eine Beule / Bällchen erkennbar, ist das Küken wahrscheinlich männlich
- Fehlt eine Beule / Bällchen, deutet es auf ein Weibchen hin
- Bei einigen Rassen haben auch die weiblichen Küken eine Reihe von kleinen Wülsten in ihrem After. Hier weist das Männchen einen größeren, runden Mittelwulst auf gegenüber einem flachen Mittelwulst des Weibchens.
Mit dem Federsexen das Geschlecht am Gefieder erkennen
Der Vorteil des Federsexens ist, dass eine äußere Begutachtung ausreicht, um das Geschlecht eines Kükens anhand der Flügelfedern zu bestimmen.
Zeitpunkt Federsexen: Das ideale Alter für das Federsexen ist ein bis zwei Tage nach dem Schlüpfen. Danach sind die Flügelfedern häufig zu weit entwickelt, um daraus das Geschlecht ableiten zu können.
Federsexen – so geht’s:
- Um die Flügelfedern zu betrachten, hält man das Küken in einer Hand sanft fest, während mit der anderen Hand die Flügel vorsichtig ausgebreitet werden, bis die Federn etwas auseinander stehen
- Bei einem Junghahn sind die Flügelfedern etwa gleich lang
- Bei einer Junghenne haben die Flügelfedern zwei unterschiedlichen Längen und sind lang – kurz – lang – kurz usw. angeordnet
Nach ungefähr einer Woche holen die Männchen ihren Rückstand auf und der Unterschied in Federlänge und -form wird nur noch sehr gering ausfallen.
Bei der Brut und Aufzucht von Geflügel kommt es in erster Linie auf die Erfahrung und das nötige Fingerspitzengefühl an, aber daneben auch immer auf das richtige Geflügelzubehör. Bei eierschachteln.de findest du hochwertige Produkte wie Brutautomat und Zubehör, Kükenwärmeplatte, Kükenheim und Aufzuchtfutter mit verschiedenen Trögen und Tränken speziell für Küken. Kurzum findest du bei uns alles, was du für eine erfolgreiche Brut und Aufzucht in artgerechter Geflügelhaltung brauchst.
Die einfachste Geschlechtsbestimmung der Welt: Kennhühner
Bielefelder Kennhuhn und Cream Legbar zählen zu den besonderen Hühnerrassen, bei denen sich das Geschlecht am eindeutigen Farbschlag ablesen lässt: den Kennhühnern. Bei den Bielefelder Kennhühnern unterscheidet sich das Gefieder der männlichen Küken deutlich von dem der weiblichen – und zwar bereits nach dem Schlüpfen:
- Hennen sind dunkler und der gestreifte Rücken fällt sofort ins Auge
- Hähne sind etwas heller und haben am Kopf einen auffälligen weißen Fleck
Geschlechterbestimmung bei älteren Küken
Einfacher wird es mit der Bestimmung des Kükengeschlechts, wenn die Tiere einige Wochen alt sind. Dann können verschiedene leicht erkennbare Merkmale die Frage nach Hahn oder Henne zuverlässig beantworten. Die zuverlässigsten Ergebnisse liefert diese Methode bei Küken der gleichen Rasse, da sie besser vergleichbar sind.
Die Größe
Im Alter von etwa drei bis vier Wochen können Küken meist anhand ihrer Körpergröße eingeteilt werden: Männliche Küken weisen im Normalfall größere Körper und Köpfe auf, während weibliche Küken etwas zierlicher erscheinen.
Der Kamm und Kinnlappen
Nach etwa sechs Wochen können auch der Kamm und der Kinnlappen Aufschluss über das Hühnergeschlecht geben. Zu diesem Zeitpunkt haben Junghähne meist voll entwickelte Kämme, die ein schönes Rot annehmen. Dann beginnen auch die Kinnlappen zu wachsen. Bei Junghennen bleibt der Kamm kleiner und behält das Gelb.
Die Federn
Wenn das Küken zwischen acht und zehn Wochen alt ist, lohnt es sich, die Sattelfedern zu untersuchen. Diese befinden sich am Übergang vom Rücken zum Schwanz. Männliche Küken tragen hier spitze und scharfe Sattelfedern, weibliche eher runde und weiche.
Das Imponiergehabe
Nach ein paar Wochen, „verraten“ sich die Hähne selbst an ihrem Verhalten und können oft problemlos allein durch reine Beobachtung aus der Ferne ausgemacht werden. Hähne verhalten sich naturgemäß dominanter, sie übernehmen von klein auf die Rolle des Beschützers der Gruppe. Sie sind weniger scheu, machen sich groß, sind als Erster am Trog etc.. Weibliche Küken sind leichter durch laute Geräusche zu erschrecken und werden als Reaktion darauf erstarren.
Test Kampf-oder-Flucht-Reaktion: Stelle dich vor die Junghühner und klatsche laut in die Hände. Die Hennen werden still stehenbleiben, aber die Hähne ein warnendes Geräusch von sich geben.
Ein Plädoyer für den Hahn und nützliche Tipps für ein stressfreies Zusammenleben liest du in unserem eierschachteln.de-Blog:
Technologische Ansätze zur Geschlechtsbestimmung im Ei
Geschlechtsbestimmung funktioniert auch bereits vor dem Schlüpfen, noch im Ei. Dazu wird aktuell in Deutschland vor allem zu drei Ansätzen geforscht: endokrinologische und molekularbiologische Verfahren sowie die Geschlechtsbestimmung mittels Spektroskopie.
Das endokrinologische Verfahren
Wie der Name schon verrät, funktioniert die Geschlechtsbestimmung bei dieser Methode mittels Hormonnachweis. Dafür macht sich das Verfahren zunutze, dass das Geschlechtshormon Östronsulfat nur bei weiblichen Küken zu finden ist. Um daran zu kommen, kommt Hochleistungstechnologie zum Einsatz.
Zeitpunkt endokrinologisches Verfahren: Die Methode kann am 8. bis 10. Bruttag eingesetzt werden.
Endokrinologisches Verfahren – so gehts
Mittels eines Lasers wird in Bruchteilen von Sekunden ein 0,5 mm großes Loch in die Schale der Eier gebrannt und anschließend eine geringe Menge Flüssigkeit entnommen und mit einem Marker vermischt. Dabei drückt der Luftdruck eine kleine Menge Flüssigkeit aus dem winzigen Loch. Ist das Hormon Östronsulfat in der Probe enthalten, verändert sich durch den zugesetzten Marker deren Farbe. Die Eier werden entsprechend sortiert, was in der Praxis bedeutet, Eier mit weiblichen Embryonen weiter zu bebrüten und Eier mit männlichen Küken meist gleich nach der Analyse zu schreddern, zu trocknen und zu Tierfutter zu verarbeiten.
Nach der Geschlechtsbestimmung zieht sich die innere Eimembran übrigens wieder selbstständig zusammen und verschließt das winzige Laser-Loch. Daher wird die Schlupfrate dadurch nicht beeinflusst.
Die Zuverlässigkeit des Hormon-Schnelltests liegt bei 97 Prozent, was in etwa vergleichbar ist mit der Fehlerquote beim manuellen Federsexen der Küken nach dem Schlupf.
Molekularbiologisches Verfahren
Anders als bei Säugetieren wie Rindern oder Schweinen ist das sogenannte Spermasexing bei Hühnern nicht möglich, da die Geschlechtschromosomen über die Eizelle der Henne vererbt werden. Bei der molekularbiologischen Variante muss also das Ei untersucht werden.
Zeitpunkt molekularbiologisches Verfahren: Die Methode wird am 9. Bruttag angewandt.
Molekularbiologisches Verfahren – so gehts
Wie bei der endokrinologischen Methode entnimmt man etwas Flüssigkeit durch ein winziges Loch in der Eischale. Die folgende komplexe Analyse untersucht das darin befindliche Erbmaterial, die Küken-DANN, und stellt fest, ob im Ei ein weiblicher oder männlicher Embryo heranwächst. Letztere werden normalerweise aussortiert, nicht weiter bebrütet und in der Tierfuttermittelproduktion etc. verwendet.
Die Zuverlässigkeit dieser Methode liegt bei 99 Prozent.
Spektroskopisches Verfahren
Zeitpunkt spektroskopisches Verfahren: Je nach Art des spektroskopischen Verfahrens wird die Methode am 4. oder 13. Bruttag angewandt.
Spektroskopisches Verfahren – so gehts
Hier ist der Ansatz, das Geschlecht von Küken im Ei durch lasergestützte Messverfahren zu bestimmen. Das Besondere ist der frühzeitige Zeitpunkt der Analyse und das kontaktlose Verfahren – ohne Entnahme von Gewebe. Derzeit werden vor allem diese beiden spektroskopische Verfahren entwickelt und getestet:
Raman Spektroskopie
Bei dieser Variante wird am 4. Bruttag per Wärmebildkamera die Luftkammer im Ei lokalisiert und per Laser ein ca. 15 mm großes Loch in die Eischale (nicht Eimembran) geschnitten. Das spezielle Raman Spektroskopie Verfahren macht es möglich, ein ausreichend großes Blutgefäß zu durchleuchten und anhand dessen das Geschlecht zu bestimmen. Möglich macht dies die Tatsache, dass die Streuung bestimmter Lichtstrahlen spezifisch ist für männliche bzw. weibliche Küken. Das relativ große Loch in der Eischale wird mit einem speziellen Klebeband wieder verschlossen.
Die Zuverlässigkeit wird mit um die 95 Prozent beschrieben.
Hyperspektrale Messtechnik
Diese Methode bringt den Vorteil, dass das Ei dafür nicht geöffnet werden muss, sondern ähnlich wie mit einer Schierlampe mit speziellen optischen Geräten nur von außen durchleuchtet wird. Das austretende Lichtspektrum wird wiederum analysiert und die Eier entsprechend sortiert. Da die Analyse die unterschiedliche Farbe des Gefieders bei weiblichen (braun) und männlichen (weiß) Hühnern ausnutzt, kann sie allerdings nur bei Braunlegern angewendet werden.
Die Verfahren zur Geschlechtsbestimmung von Küken in der (professionellen) Praxis
Nicht alle der hier vorgestellten Verfahren sind praxisreif. Die beiden vielversprechendsten Verfahren sind aktuell das endokrinologische und das spektroskopische Verfahren, wobei das erstere bereits seit 2018 in Brütereien eingesetzt wird. Beide Methoden erkennen auch unbefruchtete oder nicht entwicklungsfähige Bruteier, die ebenfalls wie die männlichen Küken selektiert werden.
Seit 2022 gilt das Verbot des Kükentötens in der Legehennenhaltung. Anfang 2024 wurde die gesetzliche Grundlage angepasst, nachdem technische Verfahren zur Selektion im Ei und ein möglicher Abbruch des Brütens erst ab dem 13. Bebrütungstag verboten sind. Studien kamen zu dem Ergebnis, dass das Schmerzempfinden von Hühnerembryonen erst ab dem 13. Bebrütungstag nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Die bisherige Rechtslage sah ein Verbot bereits ab dem 7. Tag vor.
Welche Alternativen zur Geschlechtsbestimmung gibt es?
Für viele, allen voran die Ökoverbände, ist die Geschlechtsbestimmung im Ei maximal eine Brückentechnik bzw. nicht die Lösung der grundlegenden Fragestellung einer artgerechten Küken- und Hühnerhaltung. Für sie verschiebt es das Töten der männlichen Küken nur auf einen früheren Zeitpunkt.
Als Alternativen zur Selektion gibt es aktuell zwei Ansätze: die Aufzucht, Mast und Schlachtung der sogenannten Bruderhähne der Legehennen sowie der Umstieg auf Zweinutzungshühner.
Bruderhähne setzten weniger Fleisch an und sie benötigen mehr Zeit als die auf Leistung gezüchteten Masthähnchen, was die Zucht unwirtschaftlich macht. Als Ausgleich dafür werden die Mehrausgaben über einen Aufpreis auf die Eier quasi querfinanziert. Dieses Modell wird vor allem für Bio-Eier „gelebt“.
Bei Zweinutzungsrassen sind Legefreudigkeit und Fleischansatz bei Hahn und Henne viel ausgewogener. Hennen dieser Rassen legen weniger Eier als Legehybride (auf Legeleistung gezüchtete Legehennen) und die Hähne wachsen langsamer und insgesamt nicht so stark wie Masthähnchen. Dennoch sind die Erträge ansehnlich und was für viele schwerer wiegt: Es stellt sich bei der Brut nicht die Frage nach Hahn oder Henne, was für viele ein ausgezeichnetes Argument ist.
Ideal zur Selbstversorgung: Doppelt begabte Zweinutzungshühner
Eier sind eine undurchsichtige Sache. Für Züchter*innen und vor allem für professionelle Legehennenbetriebe kann das zum Problem werden, wenn es eben wichtig ist, ob ein Hahn oder eine Henne daraus schlüpfen. Mittlerweile gibt es neben dem bewährten Feder- oder Kloakensexen bei Küken verschiedene technische Verfahren zur Selektion im Ei, die das mit Schnelltests zuverlässig erledigen – oder die Praxisreife bald erreichen. Ziel ist es, männliche Embryonen möglichst früh aus dem Brutprozess herauszunehmen. Ein anderer und von Ökoverbänden unterstützter Gedanke ist der, vermehrt auf die Zucht von Zweinutzungshühnern zu setzen. Der Vorteil hier: Es werden alle Küken aufgezogen!
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Sehr sehr informativ 👍. Ich habe so eben einiges dazugelernt. Ganz lieben Dank dafür.
Sehr guter Artikel – vielen Dank!