Henne und Hahn als Symbolfigur
Der eitle Gockel, die überfürsorgliche Henne, das Huhn als Wetterorakel oder Opfertier. In vielen Kulturen wurden Hühner über die Jahrhunderte zur Symbolfigur für ganz unterschiedliche Zwecke. Wir zeigen, welche Bedeutungen dem Hahn und der Henne zukamen und welche Bräuche heute noch gepflegt werden.
Der Hahn: Sänger und Grenzwächter
Das ist es, was den meisten als erstes zum Hahn einfällt: der morgendliche Hahnenschrei. Für viele bedeutet der Hahn dann auch Neuanfang, weil er an der Grenze zwischen Nacht und Tag mit seinem Krähen eine neue Phase des Lichts und der Aktivität verkündet. Das Krähen steht auch für Wachsamkeit, was dem Hahn den Titel Grenzwächter einbrachte. Infolge seiner Wachsamkeit gilt der Hahn auch als ein Dämonen abwehrendes Tier.
Etymologisch betrachtet leitet sich das Wort Hahn von dem Mittelhochdeutschen hane bzw. der indogermanischen Wurzel *kan ab, was so viel wie singen, klingen, tönen bedeutet. Hahn bedeutet also ursprünglich Sänger.
Der Hahn als Wetterorakel
Vielleicht vom frühen Hahnenkrähen abgeleitet, hat sich der Hahn im Volksglauben als Orakeltier durchgesetzt, das vielerlei vorauskündet. Vor allem, was das Wetter und die Ernte betrifft, sind hier viele bekannte und eher scherzhafte Bauernregeln überliefert:
- Kräht der Hahn früh auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist.
- Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter, kräht er auf dem Hühnerhaus, hält das Wetter die Woche aus.
- Wenn der Hahn die Stunde nicht halt, ändert sich das Wetter bald.
- Hocken die Hühner in den Ecken, kommt bald Frost und Winters Schrecken.
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Das Huhn als Opfergabe
Hähne und Hennen waren früher, noch bevor sie als Nahrung dienten, ein beliebtes Opfertier.
Sie wurden den Göttern zum Schutz vor Dämonen geopfert. Besonders schwarzen Tieren wurde nachgesagt, besonders geeignet zu sein, um Dämonen zu besänftigen. So galten unbewohnte Häuser lange Zeit als von Dämonen bewohnt. Um diese zu vertreiben, wurde dort entweder ein Huhn einquartiert oder aber im Fundament eingemauert.
Auch in China hat der Hahn eine besondere symbolische Bedeutung als eines der zwölf Tiere des chinesischen Tierkreises. Erst 2029 wird wieder das Jahr des Hahns sein. Menschen, die im Jahr des Hahns geboren werden, sollen Perfektionisten sein, die alles kritisieren, was ihnen nicht passt. Hähne suchten Zuflucht in der Familie und gäben nicht leicht auf. Versperrt man ihnen den Weg, würden sie aggressiv.
Dass die Symboliken durchaus nicht einheitlich gesetzt wurden – sondern sich sogar widersprachen – beweist, dass in anderen Regionen im Mittelalter schwarze Hähne als Symbol des Teufels galten. Hier steht der Hahn quasi auf einer Linie mit dem Höllenhund, der das Tor zur Unterwelt bewacht. Anders in Teilen Afrikas, Südamerikas (Makumba-Kult) und der Karibik (Voodoo-Kult): Hier nehmen Hühner bei Initiationsriten eine besondere Rolle ein: Dem schwarzen Huhn wird eine Beziehung zum Toten unterstellt und mit dem erbrachten Hühneropfer wollte man mit den Toten in Kontakt treten.
Das Huhn als Fruchtbarkeitssymbol (Erntedank)
Noch heute steht das Huhn als Symbol für Fruchtbarkeit. Ein Huhn wurde vor dem Brautzug hergetragen oder dem Brautpaar in der Hochzeitsnacht unters Bett gelegt. Heute unvorstellbar wurde früher bei einem Spaziergang des Brautpaars der Hahn betrunken gemacht, um schließlich von der Braut geschlachtet und zubereitet zu werden.
Eine andere – weniger „invasive“ Variante war, das Bettlaken mit Hähnen zu besticken. Heute begnügt man sich damit, einen Holzhahn als Symbol aufzustellen. Der Hahn sollte nicht nur für Nachwuchs sorgen, sondern er stand auch als Symbol für die Fruchtbarkeit des Bodens.
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Die Henne und Glucke als Urbild für Mütterlichkeit
Darstellungen von Idyllen zeigen häufig das Hühnerleben auf einem Bauernhof. Huhn und Hahn werden daher auch als Krafttiere bezeichnet, die eine Familie bzw. Gemeinschaft verkörpern. Die fürsorgliche Henne kümmert sich liebevoll um ihre Küken: ein (biblisches) Urbild für die fürsorgliche und beschützende Mütterlichkeit und der Inbegriff der schützenden Liebe für die Schwachen. Wird dieses Bild überspitzt, ergibt sich das karikierte Bild der übertrieben mütterlichen Fürsorglichkeit einer Glucke.
Der Wetterhahn auf dem Kirchturm
Laut den biblischen Berichten im Neuen Testament hatte Jesus kurz vor seinem Tod seinem Jünger Petrus prophezeit, dass dieser ihn ehe der Hahn kräht, dreimal verleugnen werde. So kam es: Aus Angst drehte sich Petrus mit dem Wind. Als Mahnmal für Aufrichtigkeit steht heute ein Wetterhahn auf Kirchtürmen. Und für opportunistische, unzuverlässige Menschen wird dann auch der Spruch verwendet: Der dreht sich wie der Hahn im Wind.
Der Hahn als Symbol für Mut, Angriffslust und Männlichkeit
Das männliche Haushuhn wird häufig auch mit männlicher Kraft assoziiert. Daher überrascht nicht, dass der Hahn, im Englischen cock, eine vulgäre Bezeichnung für das äußere männliche Geschlechtsteil ist. Das Gebaren von Hähnen, gerade, wenn es um die Behauptung vor der Konkurrenz bzw. vor Feinden oder die Werbung um Hennen geht, wird unter dem Begriff Gockel gern personifiziert. So gelten eine offensiv zur Schau getragene Männlichkeit, Machogehabe und Hahnenkämpfe als lächerliche männliche Verhaltensweisen.
Dummes Huhn?
Die Henne kommt, wenn es um Symbolik geht, meist schlecht weg. Vielfach sind gackernde Hennen eine wenig schmeichelhafte Beschreibung eines einförmigen Kollektivs. In die gleiche Kerbe schlägt die Rede vom blinden oder armen Huhn, das irgendwann auch einmal ein Korn findet. Damit ist nichts anderes gemeint als ein dümmlich angesehener Mensch, der mehr aus Zufall einmal Glück hat. Dabei sind Hühner sehr soziale Wesen und durchaus schlau.
Dummes Huhn? – Von wegen! Hier entlarven wir weitere Hühner-Mythen:
Ohne Uhr und Wecker kam dem Hahn früher – als die Menschheit noch viel naturgeleiteter lebte – eine wichtige Aufgabe zu. Sein lautes Krähen war unüberhörbar und kündigte den Sonnenaufgang und damit den neuen Tag an. Als Symboltier hat das Huhn eine lange Reise durch Zeit und Religionen gemacht – und musste für viele Zwecke herhalten. Einiges ist bis heute geglieben.
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