Hühnersprache verstehen – ein Wörterbuch

Schon nach einer kurzen Zeit zusammen mit Hühnern hat man die angenehme Gewissheit: Hühner sind nicht nur soziale, sondern auch äußerst kommunikative Wesen. Mit einem breiten Repertoire an Lauten, die sie zu längeren Rufen variieren können, kommunizieren sie zu verschiedensten Anlässen wie Gefahr, Stress, Paarungsbereitschaft oder eine aufgetane Nahrungsquelle. Obwohl man die Rufe mittlerweile recht gut zu ihren Bedeutungen zuordnen kann, entwickelt jedes einzelne Huhn dabei eine Art eigene Persönlichkeit.

 

Wie Hühner sprechen

Bei diesem Thema bekommt die Wendung „geflügelte Worte“ noch eine ganz andere Bedeutung. Hier geht es darum, wie Hühner kommunizieren. Anders als wir, die wir uns nicht nur verbal, sondern oft zusätzlich nonverbal verständigen – etwa durch Körpersprache, Blicke, Gesten und Mimik –, nutzen Hühner vor allem ihre mehr als zwei Dutzend Laute. Diese können sie je nach Anlass und Situation variieren. Bei Gefahr wird es dabei laut, schrill und insgesamt eindringlicher als etwa bei der Suche nach einem Legenest. Durch eine auf diese Weise effektive Alarmierung können die Hühner oft rechtzeitig fliehen und sich in Sicherheit bringen. Hühner zeigen in der Kommunikation untereinander ein erstaunlich komplexes Verhalten und dadurch, dass sie lernfähig sind, wird es nie langweilig …

Wortschatzhilfe für die Kinderstube: Alles über Küken

Die Kommunikation von Küken zur Glucke beginnt schon ungefähr einen Tag, ehe die Küken schlüpfen. Bevor das Küken langsam aus dem Ei schlüpft, gibt es leise Piepstöne aus dem Innern des Eies ab. Durch diese zarten Piepstöne weiß die Henne, wie lange sie noch auf den Eiern sitzen muss und wie viele Küken sie erwarten darf.

Für die geborgene erste Zeit nach dem Schlüpfen gibt es einen speziellen Ruflaut, mit dem die Glucke ihre Küken z. B. bei Gefahr zurück unter ihre warmen Daunen beordert. Auch die Sprache der Küken untereinander, die sie bis zu einem Alter von etwa drei Monaten verwenden, ist eine besondere. Die Küken kommunizieren durch verschiedene Pieps- und Fieplaute sowie Freudetriller in unterschiedlichen Tonhöhen und Lautstärken. Diese erste Kükensprache dient wohl dazu, Freude, Gefahr oder Wohlbehagen auszutauschen. Küken entwickeln sie übrigens unabhängig davon, ob sie aus Natur- oder Kunstbrut stammen:

 

Die erste Kükensprache

 

Ich bin glücklich: Das Freudenpiepsen besteht aus zufriedenen Schnurrlauten vor allem kurz vor dem Einschlafen. Es ähnelt dem Schnurren einer zufriedenen Katze.

Ich fühle mich sicher: Das leise, beiläufige Verbindungspiepsen erklingt, während die Küken ihre Umgebung erkunden.

Ich habe etwas gefunden! Das Erkundungszwitschern, ein aufgeregtes, wiederholtes Tschilpen, ertönt oft bei Aufregung bzw. Entdeckung. Es kann sich dabei um etwas Leckeres handeln, das es für sich behalten möchte. 

Ich habe Stress! Das laute, kräftige und anhaltende Anspannungspiepsen kann bedeuten, dass Küken Schmerzen leiden, gestresst sind (z. B. allein sind oder frieren) und/oder vor einer Gefahr warnen möchte.

 

Do you speak chicken? Hier geht es darum, welche Gefährten, sprich andere Tierarten, sich gut – oder eben nicht – mit Hühner vertragen.

Das erste Kikeriki …

Ein spannender und einzigartiger Moment, ähnlich dem, wenn Buben in den Stimmbruch kommen und sich deren Stimmen komplett verändern. Das erste Kikeriki von jungen Hähnen.

Wenn Küken etwa zwei Monate alt sind, können morgens bald ganz andere Töne aus deinem Hühnerstall kommen. Allein das noch klägliche Geräusch ist putzig anzuhören – ein Laut, der wie eine Kombination aus Räuspern und Schreien klingt. Wer den Moment nicht verpasst, sieht weiterhin seinen Nachwuchs-Kräher dabei, wie er sich redlich bemüht, seine Kehle klingen zu lassen: Er stemmt die Hühnerfüße in den Boden, streckt die schmale Hühnerbrust heraus und ist von den Schwanzfedern bis zu den Stimmbändern gespannt wie ein Flitzebogen. Wenn eine Gruppe Hähne gemeinsam aufwächst, zeigt sich an diesem Verhalten schnell, wer das dominante Männchen ist. Dieses hat das Privileg des lautesten Kikeriki, die anderen ordnen sich unter.

Ähnlich, aber doch etwas anders. So wird das deutsche Kikeriki in anderen Sprachen bezeichnet:

Italienisch: Chicchirichì!
Englisch: Cock-a-doodle-doo!
Polnisch: Kukuryku!
Schwedisch: Kuckeliku!

Französisch: Cocorico!
Spanisch: ¡Quiquiriquí!
Japanisch: Kokekokkō!
Mandarin Chinesisch: Wowo!

 

Das Krähen Uh-uh-uh-UH-UUUUH

Einem weitverbreiteten Mythos zufolge nach kräht der Hahn nur morgens. Hühnerhalter*innen (und ihre Nachbarschaft) wissen es besser. Tatsächlich nutzt der Hahn sein Krähen nicht nur zum Wecken, sondern den ganzen Tag über für verschiedene Zwecke. So verkündet er auch mit seinem Krähen schlicht, dass er da ist – bereit, sein Revier zu verteidigen. Oder er warnt seine Hühnerschar vor Gefahren.

 

Hühnersprache im Alltag

Hier geht es vor allem um die Laute, die die Hennen untereinander austauschen. Hühner können erstaunlich komplex miteinander kommunizieren – und sie reden und plaudern auch gern. Nicht umsonst hat es die Wendung „gackernde Hühner“ als Vergleich in unseren Sprachschatz geschafft. Hühner nutzen ihre Sprache und Signale, um eine Vielzahl von mehr oder weniger wichtigen Informationen auszutauschen, die für ihr Überleben und ihr soziales Miteinander (Stichwort: Hackordnung) von großer Bedeutung sind.

 

Dabei sind auch die kleinen sozialen Interaktionen – man könnte von einer Art Smalltalk reden – wichtig für die Gruppenbindung und das Wohlbefinden. Ab etwa einem Alter von drei Monaten können Hühner auf die vollständige Bandbreite ihrer Sprachfähigkeiten zugreifen. Dann entwachsen sie ihrer Kükensprache und lernen durch Beobachten und Nachahmen von den erfahrenen Hühnern.

 

Kleines ABC der Hühnersprache

 

Alarm Grrrrrrr, bok, bok, bok, bok, bok, bok, BOKAH

Nicht nur der Hahn, sondern auch die Hennen alarmieren die anderen bei Gefahr. Das ist auch absolut sinnvoll, da ja nicht alle Halter*innen auch einen Hahn haben. Vermuten oder erkennen Hühner eine Gefahr, beginnen sie mit einem leisen, grollenden Knurren, das sich allmählich zu einem lauten und intensiven Schrei steigert.

Man hat herausgefunden, dass der Ruf abhängig von der Art der Gefahr unterschiedlich ausfällt: Bei bevorstehenden Raubangriffen am Boden, z. B. von Fuchs oder Hund, klingt der  Alarmruf tief. Hören die Hühner diesen Ruf, rennen sie alle sofort los, um Schutz zu suchen. Bei Angriffen aus der Luft z. B. von Habicht oder Bussard, erklingt ein hoch klingender Alarmruf. Hören die Hühner diesen, reagieren sie anders: Anstatt zu flüchten, erstarren bzw. ducken sich und blicken nach oben. Das Verhalten ist durchaus schlau, denn so werden sie für die Greifvogel möglichst unsichtbar.

Begrüßung Bah-dap

Hallo! Wie gehts? Guten Tag! Auf Hühnerisch Bah-dap. Mit diesem häufig im Hühnerhof zu hörenden Laut begrüßen sich die Bewohnerinnen freundlich. Damit signalisiert das Huhn, dass es da ist bzw. die Runde verlässt. Der kurze Laut hilft dabei, ihre soziale Struktur aufrechtzuerhalten und die Bindungen innerhalb der Herde zu stärken. Hühner grüßen damit nicht nur ihre Artgenoss*innen, sondern auch „ihre“ Menschen.

 

Ei unterwegs und Legenest besetzt! Buah, buah, buah, buah

Der Laut klingt etwas panisch und ungeduldig und man hört ihn typischerweise von einer Henne, die vor ihrem bevorzugten Legenest auf und ab läuft, weil es noch besetzt ist. Ein Ei in der Pipeline … In dem Ruf lässt die Henne ihren ganzen Frust und ihre Ungeduld deutlich erkennen. Ist alles erledigt, beruhigt sich die Henne wieder schnell.

Eierlied Ba-goh-gohk, ba-goh-gohk, ba-goh-gohk

Dieser Ruf klingt – einmal erkannt – sicherlich wie Musik in den Ohren der Halter*innen. In der Legesaison beinahe täglich darf man im Hühnerstall einem gut vernehmlichen Freudengesang lauschen. Der Ruf ist sogar lauter als der Alarmruf! Das typische Eierlied mit einem lauten und freudigen Gackern erklingt dann, wenn sie ihr Ei gelegt hat. Wer seine Hühner gut beobachtet, wird erkennen, dass auch andere Hennen in den Jubelgesang mit einstimmen, wenn die Henne sich wieder zu ihnen gesellt. Sie feiern es dann quasi gemeinsam.

 

Unser Lese-Tipp: Um Hühner noch besser zu verstehen: Hühner 500 Fragen, 500 Antworten.

Gute Nacht Doh doh doh

Wie auch wir Menschen zur Nachtruhe in einen anderen Modus umschalten und gedämpfter sprechen, kommen auch Hühner abends langsam zur Ruhe. Dann erklingt ein leises, dünnes Gute-Nacht-Gemurmel, das als beruhigendes Ritual, allabendlich stattfindet. Mit deinem sanften Murmeln versichern sich alle gegenseitig, dass jedes Mitglied der Herde sicher und wohlauf ist.

 

Streit Allgemeines Gequäke und Gezanke

Was der Begriff Hackordnung schon vermuten lässt, gibt es auf dem Hühnerhof regelmäßig Auseinandersetzungen zwischen den Hühnern: Rangkämpfe oder Streit um ein besonderes Leckerli oder um den Lieblingsschlafplatz. Hier wird es unspezifisch und individuell laut. Auch, wenn der Lärm von außen betrachtet gefährlich wirken kann, ist er ein wichtiger Mechanismus, durch den Hühner ihre sozialen Beziehungen regeln und Konflikte lösen. Sofern kein Huhn ernsthaft verletzt und gehackt wird, kann man sie gewähren lassen.

 

Ich glaub‘, es hackt! – Mehr über Verhaltensauffälligkeiten bei Hühnern liest du hier:

Die Glucke verteidigt sich KRiii-upp-upp-upp

Eine Henne, die brütet und sich bedroht fühlt, hat noch einen besonderen Laut auf Lager. Mit einer Art Schrei, der in einem tiefen Grummeln endet, warnt sie Angreifer*innen unmissverständlich, sich fernzuhalten. Denn hier sitzt eine entschlossene Henne, die bereit ist, sich zu verteidigen. Weil das Beispiel aus der Natur so eindrücklich ist, hat es die sprichwörtliche Glucke als Symbol für ein sehr fürsorgliches Verhalten auch in unser Wörterbuch geschafft.

 

Beim Entschlüsseln der Hühnersprache ist es ein wenig so wie beim Erlernen einer Fremdsprache. Es hilft, die eigenen Hühner genau zu beobachten und zuzuhören, ob und welche Laute sie in welchen Situationen von sich geben. Interessant ist, dass die Kommunikation von Hühnern bereits im Ei beginnt und der Hahn sein Krähen nicht nur zum Wecken einsetzt.

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